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Die Silberne Halbkugel,

Achim Kramb
2020 DNK Silberne Halbkugel Achim Kramb

Achim Kramb @ Fotografie Stefan Effner

Würdigung

Wenn es eine Redensart gibt, die bei Denkmalpflegern zu einem eher gezwungenen Lächeln führt, dann ist das die vielfach zu findende Redewendung, dass ein Denkmal nach einer umfassenden Sanierung „in neuem Glanze erstrahle“, ist es doch ein Anliegen eines jeden Denkmalpflegers, möglichst viel von dem Alterswert, der Patina, dem Charme eines altehrwürdigen Gebäudes über die Instandsetzung zu retten.

In vorbildlicher Weise ist dies Achim Kramb gelungen, der ein aus dem 16. Jahrhundert stammendes, seit 1836 als Gasthaus genutztes Gebäude in der Limburger Altstadt mit großem Respekt vor der Geschichte und den Gebrauchsspuren der bisherigen Nutzer und Bewohner restauriert hat. Ziel war die Fortführung der angestammten Funktion des Gebäudes als Gasthaus.

Angesichts der aktuellen Anforderungen hinsichtlich Immissionsschutz, Hygiene, Brandschutz, Personalräume, Toilettenanlagen, Fettabscheider, Müllkühlung – ein haus- wie genehmigungstechnisch äußerst schwieriges Unterfangen – wurde doch in der Küche bis dato noch zwischen fetttriefenden Wänden und unter einer durchrosteten Hinterhofverglasung auf 100 Jahre alten Zementfliesen gekocht. Die über ein Jahrhundert durch Nikotinschwaden dunkelbraun gefärbten Oberflächen wurden durch Restauratoren aufwändig gereinigt. Die gesamte bewegliche Ausstattung wie Mobiliar, Tische und Stühle sowie alle Bilder blieben erhalten und kehrten nach ihrer Reinigung und Restaurierung zurück an ihren altvertrauten Standort. In intensiver Abstimmung zwischen Bauherrn, Architekten, Handwerkern und Behörden ist es gelungen, die komplette, aus dem 19. Jahrhundert stammende ortsfeste Ausstattung zu erhalten und die hochmoderne neue Haustechnik nahezu unsichtbar zu integrieren.

Wie gut dies gelungen ist, wird aus einem Bericht des Bauherrn Achim Kramb deutlich: „Für mich gibt es viele Erlebnisse, die die Sanierung zu einem unvergesslichen Erlebnis machten. Menschen, die mir den Stammplatz ihres vor 40 Jahren verstorbenen Großvaters zeigten oder ein älterer Herr, der das Lokal nach der Wiedereröffnung zielstrebig betrat, um wie immer – seit 50 Jahren – seinen Stammplatz einzunehmen.“

Erneuern ohne zu zerstören, damit das Weinhaus Schultes weiterhin in altem Glanz erstrahlt, das ist wirklich preiswürdig.

Selbstdarstellung

Das Haus

Mit der Restaurierung des Weinhaus Schultes konnte eines der traditionsreichsten Häuser der Stadt nach jahrzehntelangem Leerstand gerettet und der gastronomische Betrieb in alter Größe fortgeführt werden. Das stattliche Patrizierhaus wurde 1567 unter Verwendung von Mauerresten eines mittelalterlichen Vorgängerbaus durch den wohlhabenden Gewürzhändler Meffert Eubel mit reicher Schmuckfachwerkfassade in prominenter Ecklage errichtet. 1836 übernahm der Bierbrauer Johann Hilf den Besitz und baute diesen ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Stil des damaligen Zeitgeschmacks grundlegend um. Dabei wurden neben der völligen Neugestaltung des Hausinneren auch die Fenster vergrößert und das Fachwerk verputzt. Mit der 1901 erfolgten Übernahme durch die Familie Conradi erfolgten bis auf kleinere kosmetische Eingriffe keine weiteren Neuerungen, sodass sich der Bau mit seiner vollständig erhaltenen Ausstattung des 19. Jahrhunderts nahezu unverändert in die Gegenwart gerettet hatte. Mit der Geschäftsaufgabe durch die legendäre Wirtin Änni Conradi in 2002 wurde schließlich nach jahrzehntelangem Leerstand des Festsaales und der Fremdenzimmer später auch der gastronomische Betrieb eingestellt, wo bis zum letzten Tage noch auf den Zementfliesen des 19. Jahrhunderts gekocht wurde.
Gastraum, Treppenhaus und großer Saal im Obergeschoss präsentieren sich auch nach ihrer Restaurierung in unverändertem Erhaltungszustand des 19. Jahrhunderts. Nicht nur die ortsfeste, sondern auch die gesamte bewegliche Ausstattung wurde restauriert und in die Gegenwart gerettet; Bierschichtlasuren wurden akribisch angeglichen, oder die historischen Bilder im Gastraum eingemessen und nach der Restaurierung wieder exakt am selben Ort angebracht.

Der perfekte Bauherr

Das überregional bedeutsame Kulturdenkmal hatte nicht nur einen erstklassigen Ruf, sondern darüber hinaus auch die Konzession für den Betrieb einer Gaststätte, so dass beim Verkauf des Hauses Ungemach durch rein renditeorientierte Investoren abzusehen war. Das Denkmal brauchte also einen Bauherren, der neben viel Idealismus auch die notwendige Portion Verrücktheit mitbrachte, um das Abenteuer einer Sanierung anzugehen, eben einen wie Achim Kramb. Der hatte gerade eben ein anderes Projekt in der Altstadt begonnen, was ihn jedoch nicht daran hinderte, am nächsten Tag den Kaufvertrag per Handschlag zu besiegeln. Es wuchs im wahrsten Sinne des Wortes zusammen, was zusammen gehört: Achim Kramb war bereits Eigentümer des angrenzenden, bereits sehr sorgfältig restaurierten „Siegeshauses“, das sich über dem Gewölbekeller des Weinhauses befand und obendrein auch noch zeitgleich 1567 vom selben Zimmermann errichtet wurde.

Der 50-jährige Lufthansa-Pilot und vierfache Familienvater hat sich in seiner Freizeit ganz der Restaurierung von Kulturdenkmälern verschrieben und mit dem Weinhaus bereits das vierte Objekt in der Altstadt denkmalgerecht instand gesetzt. Jede freie Minute verbringt er auf der Baustelle und treibt die Handwerker zu Höchstleistungen an. So verwundert es nicht, dass die Liebe zum Detail und auch die Sorgfalt bei der Durchführung der Restaurierungsarbeiten dem Haus an jeder, wirklich jeder Ecke anzusehen ist.