Die Silberne Halbkugel in der Kategorie Vermittlung,
Gruppenfoto © Die Betonisten, 2022
Würdigung
2023 vergibt das DNK zum zweiten Mal die Silberne Halbkugel in der Kategorie Vermittlung. In diesem Jahr geht sie an „Die Betonisten“ aus Mainz – eine Initiative, die sich über neue Kommunikationswege und partizipative Formate für die Nachkriegsarchitektur ihrer Stadt einsetzt.
Die Gruppe gründete sich 2017 als „Freunde des Mainzer Rathauses“ und hat sich in der Stadtgesellschaft zum Thema „Nachkriegsmoderne“ eine große Wahrnehmung und Anerkennung erarbeitet. Ihren Aktivitäten in der Debatte um einen möglichen Abriss des denkmalgeschützten Mainzer Rathauses von Arne Jacobsen und Otto Weitling ist es zu verdanken, dass die Bedeutung der nachkriegsmodernen Baukunst besser verstanden wurde. So führte die erfolgreiche Vermittlungsarbeit der Gruppe dazu, dass der Stadtrat für die Sanierung des Rathauses entschied. Durch die positive Wahrnehmung und den Erfolg ihres Engagements motiviert, situierte sich die Gruppe 2019 als „Die Betonisten“. Seitdem bauen sie kontinuierlich ihre Mitgliedschaften aus und richten ihren Fokus auf weitere Bauten der Mainzer Nachkriegsmoderne.
Inzwischen kooperieren die Betonisten mit Initiativen, Gremien und Hochschulen wie den Architects4Future und der Architektenkammer Rheinland-Pfalz, um mit multimedialen Kampagnen auf die Qualitäten, die Geschichte und die Bedeutung der Nachkriegsarchitektur aufmerksam zu machen. Ziele sind, Abrisse zu verhindern und unter Beteiligung der Stadtgesellschaft neue Nutzungen für die Zukunft zu finden. Dies schaffen die Betonisten humorvoll, kreativ und trotzdem immer mit dem kulturellen Erbe im Blick. Zeitgenössische Formate sind mobile Architekturen, Augmented Reality, ein „Theater der Debatten“, Fernseh- und Radiobeiträge zur Baugeschichte, künstlerische Auseinandersetzungen, Stimmen von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, Erläuterungsvideos zu Baudenkmalen und visuelle Wissensvermittlung in den sozialen Medien
Die Jury ist der Meinung, dass das Engagement der Betonisten einem wachsenden gesellschaftlichen Interesse entspricht. In Zeiten des Leerstands vieler Gebäude in Innenstädten und Quartieren muss die Aufmerksamkeit auf die Architektur der Nachkriegszeit gelenkt werden, um Abrissplänen entgegen zu wirken und das Verständnis für eine nachhaltige Umbaukultur breit in der Bevölkerung zu etablieren.
Der Vermittlungspreis ist einerseits die Würdigung der bisher geleisteten Vermittlungsarbeit der Betonisten, andererseits auch Ansporn, das bisherige Engagement fortzusetzen, die Bürgerschaft für die Qualitäten der baukulturell bedeutenden Nachkriegsepoche weiter zu sensibilisieren, zum eigenen Handeln zu motivieren und die Debatten mit weiteren erfrischenden Vermittlungskonzepten zu bereichern.
Zeitgemäße Denkmalvermittlung mit Witz und Humor, Inhalten und Formaten, die Lust auf Denkmalpflege machen: Die Betonisten – bitte mehr davon!
Selbstdarstellung
Wir Betonisten sind eine Initiative derzeit zehn junger Architekturinteressierter, die sich für die Architektur und den Städtebau der Nachkriegsmoderne in Mainz einsetzen. Gegründet haben wir uns im Zuge unseres Engagements für das Mainzer Rathaus von Arne Jacobsen, dessen Abriss 2017 in einem Bürgervotum entschieden werden sollte. Dieses konnten wir abwenden helfen.
Unser Anliegen ist es seitdem, den Mainzerinnen und Mainzern ihre Denkmale und denkmalwürdigen Bauwerke näher zu bringen sowie Verständnis und Wertschätzung für die Architektur der Nachkriegszeit zu gewinnen. Um uns in die öffentlichen Debatten einzubringen, nutzen wir innovative Vermittlungskonzepte in unterschiedlichen Medien: einer professionellen Website mit Blog, Accounts bei Instagram und Facebook, Führungen, Kunstpicknicks.
Wir kooperieren mit anderen Initiativen wie den Architects4Future, mit Gremien und Hochschulen, der Architektenkammer Rheinland-Pfalz und Kulturschaffenden, um auf die Qualitäten und die Geschichte der Nachkriegsarchitektur aufmerksam zu machen und deren Image zu verbessern.
An der Publikation „Mainz 1945–1970. Die verkannte Epoche des Wiederaufbaus“ durften wir 2021 dank Rainer Metzendorf mitwirken. Die Eintragung des Allianzhauses von 1962 in die Denkmalliste war 2023 ein Meilenstein.
Aktuelle Mitglieder der Betonisten sind Eva Authried, Yannick Geiger, Jonas Grahl, Philipp Grillich, Yasmin Gueroui, Jennifer Konrad, Maximilian Kürten, Leonie Matt, Robinson Michel, Barbara Pfeifer und Valerie Ucke.