Skip to content

Die Silberne Halbkugel,

Träger- und Förderverein Synagoge Memmelsdorf e. V. mit der Gemeinde Untermerzbach
Silberne-Halbkugel 2024 – Träger und Förderverein Synagoge Memmelsdorf © Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern

Aktive des Vereins zusammen mit Bürgermeister Helmut Dietz vor der Synagoge in Gleusdorf © Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern

Würdigung

Der kleinen unterfränkischen Gemeinde Untermerzbach mit ihren rund 1700 Einwohnern, verteilt auf 13 Gemeindeteile, darunter Gleusdorf und Memmelsdorf mit ihren Synagogen, ist etwas geglückt, was Vorbild sein könnte – nicht nur für Deutschland, sondern auch für ganz Europa: Die exemplarische Darstellung der facettenreichen Geschichte des fränkischen Landjudentums als integraler und selbstverständlicher Bestandteil der Orts- und Landesgeschichte.
Gerade in der akribisch und kleinteilig durch die Grund- und Landesherren geregelte Niederlassung von Juden auf ihren Territorien, die Ausstellung von „Schutzbriefen“ gegen Gebühren spiegeln sich auch Rivalitäten benachbarter Territorialfürsten wider, wie hier zwischen den Bistümern Würzburg und Bamberg – die nebenbei erwähnt dazu führten, dass in dieser Grenzregion ungewöhnlich viele Burgen und Schlösser errichtet wurden und auch jüdisches Leben in einer bemerkenswerten Vielzahl und Qualität an baukulturellen Spuren überliefert ist.
Denn nachdem die Juden im ausgehenden Mittelalter aus vielen großen Städten vertrieben worden waren, ließen sie sich in Franken auf dem Land nieder. In Gleusdorf entstand eine stark wachsende jüdische Gemeinde im 16./17. Jahrhundert; in den 1830er Jahren lebten etwa 45 Juden in Gleusdorf, was rund 16 % der Bevölkerung entsprach. Mit der rechtlichen Gleichstellung im 19. Jahrhundert zogen sich die oftmals unter schwierigsten ökonomischen Verhältnissen lebenden jüdischen Familien zurück in die Städte oder wanderten in die USA aus. 1909 wurde die jüdische Gemeinde Gleusdorf aufgelöst und das Vermögen der Gemeinde der Israelitischen Kultusgemeinde Memmelsdorf übertragen.
Nachdem die Synagoge in Gleusdorf - ein kleiner, aber sorgfältig aus Sandsteinquadern errichteter Satteldachbau von 1857 - zuletzt als Lager genutzt worden war, wurde sie 2016 durch die Gemeinde Untermerzbach aufgekauft und behutsam restauriert. Es wurde auf jegliche Wiederherstellung früherer Zustände verzichtet und vielmehr der vorhandene Bestand sorgsam konserviert und erläutert. Das benachbarte Ökonomiegebäude wurde in das Informationskonzept integriert. Die inhaltliche Betreuung wurde dem Träger- und Förderverein Synagoge Memmelsdorf (Ufr.) e. V. übertragen, der bereits in den 1990er Jahren die Memmelsdorfer Synagoge erworben und bis 2004 behutsam restauriert hatte: Diese Synagoge, ein auf quadratischem Grundriss errichtete barocke Sandsteinquaderbau von 1728/29, war im Äußeren hervorragend erhalten. Die Nähe zu den benachbarten Gebäude hat verhindert, dass hier – wie in vielen Synagogen – von den Nationalsozialisten Feuer gelegt wurde. Das Innere war schon im August 1938 – also Monate vor den reichsweiten Novemberpogromen – zerstört worden. Bei der vorbildlichen Instandsetzung ab 1995 wurde denkmalgerecht konserviert, nicht rekonstruiert, um möglichst viele Spuren der bewegten Geschichte lesbar zu halten. Zu beiden Gebäuden gibt es eine informative, liebevoll gelayoutete Broschüre, die in feiner Symbolik von vorn und hinten zu lesen ist.
Der wunderbar erschlossene Rad- und Wanderweg zwischen den Synagogen in Memmelsdorf und Gleusdorf führt auch an weiteren hervorragenden kirchlichen und profanen Bau- und Kunstdenkmälern der Region vorbei, Integration mal umgekehrt. Wir gratulieren!

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Selbstdarstellung

2016 kaufte die Gemeinde Untermerzbach die Synagoge im Ortsteil Gleusdorf, um das ortsprägende Denkmal vor dem Verfall zu retten und einen weiteren Baustein zur jüdisch-fränkischen Geschichte der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Die Gleusdorfer Synagoge wurde behutsam renoviert und die Spuren der unterschiedlichen Nutzungsphasen erhalten. Gleichzeitig entstand im Nebengebäude eine Raststation für Radwanderer mit touristischen und geschichtlichen Informationstafeln, die die kulturelle, politische und religiöse Entwicklung des kleinen Ortes beleuchten und zur Synagoge hinführen. Natürlich wird auf die jüdische Bevölkerung des Ortes besonders eingegangen, aber die Darstellung bettet diese Informationen in die Ortsgeschichte ein und betont das Zusammenleben zweier Religionen in Gleusdorf. Die Themenauswahl zur Darstellung der politischen Ortsgeschichte wurden vom heimatkundlichen Arbeitskreis Gleusdorf, also von Gleusdorfer Bevölkerung, erarbeitet.
Das Konzept in Gleusdorf lehnt sich an den Umgang mit der Synagoge Memmelsdorf (Ufr.) an, die in einem anderen Ortsteil der Gemeinde Untermerzbach steht. Seit Übergabe der Synagoge Gleusdorf an die Öffentlichkeit bietet der Träger- und Förderverein Synagoge Memmelsdorf (Ufr.) e. V. auch dort Führungen an und organisiert Veranstaltungen und Vorträge. Die Gemeinde beteiligte von der ersten Projektidee an den Verein an der Konzepterstellung, Recherche und als beratenden Partner. So organisierte der Verein z. B. ein Kolloquium mit Fachleuten aus Museen, dem Denkmalschutz und der Wissenschaft, das Empfehlungen zur Renovierung und zu Vermittlungsinhalten gab.
Der Träger- und Förderverein Synagoge Memmelsdorf (Ufr.) e. V wurde 1993 gegründet, kaufte 1994 die Synagoge in Memmelsdorf und „renovierte“ das Gebäude. Da zwischen 1945 und den 1980er Jahren kein Interesse an einer Neugestaltung des Hauptraumes bestand, blieben die Spuren der unterschiedlichen Nutzungen erhalten. Auf dieser Grundlage wurden im Hauptraum der Synagoge im Wesentlichen konservierende Maßnahmen vorgenommen. Seit 2004 finden dort Führungen und Veranstaltungen statt und das Gebäude wird im Ort als Teil des Gemeindelebens wahrgenommen.
Die Konservierung ermöglichte das didaktische Konzept als „Lernort“: Für Besuchende dient der Betsaal als Entdeckungsraum, in dem sie auf Spurensuche gehen und ihre Wahrnehmung von Details eines historischen Gebäudes schulen können. Die Entdeckung einzelner Wandelemente, Schriftzüge oder Zerstörungen wirft zwangsläufig Fragen auf – zur Gestaltung des Raumes und zu den Menschen, die in diesem Raum gebetet haben. In der Dauerausstellung und im Begleitmaterial für Besucher lassen sich die Antworten finden.

Erfahren Sie mehr über den Verein: www.geschichtspfad-synagogen-memmelsdorf-gleusdorf.de