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Journalistenpreis,

Uli Patzwahl
2020 DNK Journalistenpreis Uli Patzwahl

Uli Patzwahl

Würdigung

Welche Farbe hat die Stadt? In Hamburg auf der Straße gibt es für die Menschen nur zwei Antworten: Rot und Weiß. Dem Erbe der Roten Stadt Hamburg, der Stadt an Elbe und Alster und ihren Bauten aus Backstein, widmet sich Uli Patzwahls faszinierendes Stück über den Umgang mit einer ganz besonderen Vergangenheit, die zugleich Gegenwart ist und Zukunft sein soll.

Wir alle kennen ihn: Backstein. Aber kennen wir ihn wirklich? Wo kommt er her, wie wird er gemacht? Welche baustadtkulturelle Bedeutung hat er über die Jahrhunderte gehabt? Und wie ihn retten, nutzen, immer wieder neu entdecken, wo er so oft bröckelt, bedroht und vergessen ist?

Hamburg ist rot. Jedenfalls für Joachim Schreiber, den Hamburger Backsteinberater. Mit ihm und vielen anderen nimmt uns Uli Patzwahl mit auf eine ungewöhnliche Reise durch die Stadt und ihre Bauten, und so auch durch die Zeiten. Er lässt den großen Architekten und Stadtplaner Fritz Schumacher wieder aufleben, und Fritz Högel, Erbauer etwa des roten Chilehauses. Ikone und lebendige Gegenwart zugleich. Bewegt und mit nicht nachlassender Neugier folgen wir dem Autor und mit ihm der Spur der Steine.

Wer über Backsteinbauten spricht, spricht auch über Denkmalschutz. Denn auch beim Backstein kann vieles richtig, aber auch vieles falsch gemacht werden. Und es muss Menschen geben, die daran erinnern, was man mit ihm machen kann, die beraten, intervenieren, protestieren. Die sich für den Erhalt des Roten Erbes einsetzen. Auch diesen begegnen wir und begleiten sie bei ihrem nimmermüden Einsatz für ihre Stadt.

Uli Patzwahl arbeitet dabei als Filmemacher und Erzähler vorbildlich: anschaulich, informativ, immer wieder neue Zugänge zum Thema suchend. Die Zeit beim Betrachten des Films vergeht wie im Fluge. Und: Wer mit ihm und seinem Film reist, geht verändert daraus hervor. Mit mehr Wissen und einem Herz für die Sache. Was können wir Größeres erwarten?

Der Journalistenpreis des DNK geht in diesem Jahr an den Autor Uli Patzwahl. Wir gratulieren!

Selbstdarstellung

Im Studium galt mein Hauptinteresse zunächst dem Fach Geschichte. Während der Semesterferien, und mit dem dringenden Ziel, Geld zum Studium hinzuzuverdienen, habe ich aber – als ganz junger Reisebegleiter von Busreisen – wichtige Städte, Landschaften, Kulturdenkmäler in Italien, Frankreich, Spanien, sogar in Marokko kennenlernen dürfen, z. T. auch Reisenden erklären müssen und mich ab 1984 immer mehr auf mein zweites Studienfach Romanistik, genauer auf Französisch konzentriert.

Daraus erwuchs mit den Jahren und den immer weniger zufälligen Kontakten eine Leidenschaft für französische Kultur im Allgemeinen und für französische Popmusik, französisches Chanson, auch französische Poesie im Besonderen, sowie für die Vermittlung dieser Inhalte „zu Hause“ in Deutschland, somit für den deutsch-französischen Kulturaustausch. Aus diesem kulturellen Interesse heraus bin ich Journalist geworden.

Bis heute gestalte und moderiere ich dreimal monatlich lange Radio- und Internet-Strecken, in denen es um diese Themen geht, „La France En Duo“ auf byteFM, gemeinsam mit der Französin und Direktorin des Tübinger „Institut Culturel“ Ariane Batou To-Van, und den „Nachtclub“ mit Musik aus Frankreich sowie die „French Collection“, in der ich neue französische Konzertmitschnitte vorstelle.

Während meiner Zeit bei Radio France Internationale habe ich gelegentlich – sofern sie von überregionalem Interesse waren – städtebauliche Themen aufgreifen können. 1993, bei einer Reportage über die baulichen Veränderungen der Champs Elysées in Paris, habe ich verstanden, wie wichtig die Diskussion um Details der Stadtgestaltung ist.

Später habe ich von Hamburg aus zahlreiche Drehreisen nach Frankreich, Kanada / Québec, aber z. B. auch nach Marokko unternommen, aus denen kurze und lange „Formate“ für die NDR-Sendung mareTV, aber auch für ARTE, vor allem für die Sendung metropolis, und für das NDR-Kulturjournal entstanden sind.

Gleichzeitig habe ich mich mit „meiner“ Stadt Hamburg auseinandergesetzt, aus privatem Interesse und für die Berichterstattung im Landesfunkhaus Hamburg, meiner „Heimat-Redaktion“ im NDR. Dabei habe ich insbesondere versucht, den Hafen und die angrenzenden Quartiere in ihrer Aktualität und Geschichte, auch Baugeschichte zu verstehen. Dass die „50er Schuppen“ am Hansahafen, mit denen einzigartig der Stückgutumschlag vergangener Zeiten erklärt und verstanden werden kann, zu Beginn des 21. Jahrhunderts nicht abgerissen, sondern unter Denkmalschutz gestellt wurden, begreife ich immer noch als Glücksfall und als Chance auf Erkenntnis zum eigenen Herkommen in der Geschichte der Freien und – pardon – Abriss-Stadt Hamburg.

Ich verfolge in meiner Arbeit also mehrere rote Fäden … Zum Interesse an Stadt, Schifffahrt und Hafen passt ein seit 2016 durchgängiges Schwerpunktthema: der historische Hamburger Großsegler PEKING, den ich 2002 und 2015 ohne viel Hoffnung auf Erhalt an seinem Liegeplatz in New York mit der Kamera besucht habe. Dass das 1911 bei Blohm & Voss gebaute Schiff nun wider Erwarten mit BKM-Mitteln gerettet, als Museumsschiff instandgesetzt wurde, ist eine ein bisschen märchenhafte Geschichte mit Strahlkraft vielleicht – das muss sich erweisen – über Hamburg hinaus. Als Videojournalist war ich in New York, beim Transport über den Atlantik, während der Restaurierung auf der Peters Werft in Wewelsfleth und zuletzt bei der Überführung der PEKING nach Hamburg dabei. Daraus sind 2017 und 2018 lange Reportagen entstanden, ein letzter abschließender Film ist für 2021 geplant.

Die PEKING steht nicht nur für eine letzte Phase hochentwickelter Segelschifffahrt, ihre Fahrtgebiete (Südatlantik, Chile) und ihre Ladung (Salpeter) machen auch eine frühe Form der Globalisierung und Schlüsselmomente der südamerikanischen und europäischen Sozialgeschichte erkennbar. … Es ist mehr als stimmig, dass das Schiff unmittelbar nach seiner Ankunft in Deutschland unter Denkmalschutz gestellt wurde.

Biografie

  • 1982 Abitur an der Schillerschule Hannover
  • 1983–1988 zahlreiche Reisebegleitungen nach Italien, Frankreich, Spanien und Marokko für das Bustouristik-Reiseunternehmen Transitour-Reisedienst GmbH mit Sitz in Maintal und Frankfurt
  • 1984–1991 Studium der französischen Philologie und der Geschichte an der Georg-August-Universität in Göttingen (Abschluss 1. Staatsexamen)
  • 1986/1987 Professeur assistant/Assistenzlehrer an zwei Gymnasien in Straßburg, Frankreich
  • 1988 Journalistisches Stipendium des Deutsch-Französischen Jugendwerks und zweimonatiges Praktikum bei der Tageszeitung Dernières Nouvelles D’Alsace in Straßburg, Frankreich
  • 1992/1993 Graduiertenaustausch an der „Grande Ecole“ Ecole Normale Supérieure (ENS) in Paris, auf Einladung der Georg-August-Universität Göttingen. Diplom-Lehrgang am Institut Français de Presse (Universität Paris II) in dieser Zeit
  • 1992–1994 Freie Mitarbeit bei Radio France Internationale, im „Maison de la Radio“, Paris, Frankreich. Option auf Festanstellung 1994
  • 1994–2020 Feste freie Mitarbeit beim Norddeutschen Rundfunk, Hamburg, als Moderator und Experte für französischsprachige Musik für den Hörfunk, als Autor und Realisator für das NDR Fernsehen, immer wieder auch für andere öffentlich rechtliche Sender, insbesondere für ARTE
  • 1999–2020 Ehrenamtliches Engagement in Hamburg, u.a beim Hamburger Verein Hafenkultur e. V., beim Förderverein Insel Neuwerk e. V. oder – ehrenamtliche Redaktion und Moderation –, gemeinsam mit der Französin Ariane Batou-To Van für das Grimme-Preis-prämierte Internet-Radio byteFM (seit 2008)