Die Silberne Halbkugel,
Vorstand des Vereins Generationenhaus Bahnhof Hümme e. V.
Würdigung
Hatte ein kleinerer Ort das Glück, über einen Gleisanschluss zu verfügen, dann war das Bahnhofsgebäude einst ein so wichtiger Bestandteil der lokalen Infrastruktur wie die Kirche, das Postamt, das Gasthaus oder Läden für den täglichen Bedarf. Erst recht galt dies in Orten wie Hümme, das heute Teil der nordhessischen Kleinstadt Hofgeismar ist und sich im Laufe des 19. Jahrhunderts zu einem Bahnknoten und Eisenbahnerdorf entwickelt hatte. Entsprechende Bedeutung besaß das 1897 errichtete Bahnhofsgebäude.
Doch auch in Nordhessen wurden Strecken stillgelegt und Stationsgebäude aufgegeben. Jenes in Hümme stand schließlich lange Zeit weitgehend leer und drohte zu verfallen. Bürger des rund 1.300 Einwohner zählenden Ortes wollten dies nicht hinnehmen. Anregungen für eine neue Nutzung wurden an die kommunalen Gremien und Behörden herangetragen, schließlich mit ihnen eine Arbeitsgruppe gegründet.
Anders als andernorts sollte das Bahnhofsgebäude künftig nicht Wohnzwecken dienen oder „nur“ für kulturelle Veranstaltungen genutzt werden, sondern in vielfältiger Weise: Man plante einen Ort der Begegnung aller Generationen mit offenem Tagestreff, Seniorenbegegnungsstätte, Demenzcafé, Kindernachmittagsbetreuung, Spielkreis für Kleinkinder, Kulturveranstaltungen, Kunstausstellungen, einem Raumangebot für Vereine und Initiativen, Kursangeboten durch die Volkshochschule und die Musikschule, Kochkursen, einem Servicebüro zur Vermittlung haushaltsnaher Dienstleistungen, gemeinsamem Kochen für Senioren, Ausstellungen des Geschichtskreises, Proberäumen für Jugendbands und nicht zuletzt einem Warteraum und Betriebsräume für die Regio-Tram-Gesellschaft, denn nach wie vor halten am Bahnhof Hümme Züge.
Die Stadt Hofgeismar erwarb das Gebäude, doch von vornherein unter der Voraussetzung, es nicht zu betreiben. Dafür gründete sich 2012 der Verein „Generationenhaus Bahnhof Hümme e. V.“, der auch viel Eigenleistung beisteuerte, um das denkmalgeschützte Bahnhofsgebäude grundlegend zu sanieren, umzubauen und neu auszustatten, alles in enger Abstimmung mit der Denkmalpflege: Über vierzig Bürger erbrachten rund viertausend Stunden Arbeit, Spenden und Fördergelder wurden eingeworben. Zweieinhalb Jahre dauerte es, bis das Haus nutzbar war. Im Oktober 2015 wurde es eröffnet.
Seither werden die vielfältigen Angebote sehr gut angenommen und sämtliche zur Verfügung stehende Räumlichkeiten – verteilt über drei Geschosse – ständig genutzt. Letzteres ist auch insofern notwendig, als der Verein die laufenden Kosten des Hauses selbst erwirtschaftet. Gegenwärtig nutzen fünfzehn Vereine und Institutionen die Räumlichkeiten dauerhaft, das Spektrum reicht dabei von der evangelischen Kirchengemeinde über den Ortsverband des Sozialverbands VdK und den Geschichtskreis Hümme bis zu Chören und Jugend- und Rockbands. Es gibt Theater, Konzerte, Kino und Kabarett, die Volkshochschule bietet ein regelmäßiges Kursprogramm an.
Vor zwei Jahren baute der Verein noch den denkmalgeschützten Güterschuppen zu einem Kinder- und Jugendzentrum um, wieder mit viel Eigenleistung. Betreut werden die Heranwachsenden von beim Verein angestellten sozialpädagogischen Fachkräften. Schließlich folgte noch die denkmalgerechte Sanierung des ehemaligen, ebenfalls seit langem leerstehenden und verwahrlosten Waschhauses des Bahnhofs, das seither als Kunstatelier für Kinder und Jugendliche dient. Auch hier wurde der komplette Innenausbau vom Verein finanziert und viele Mitglieder packten mit an.
Dank des intensiven und dauerhaften Engagements durch den Verein „Generationenhaus Bahnhof Hümme e. V.“ ist nun das gesamte Bahnhofsensemble samt der es umgebenden Freifläche mit ihrem historischen Pflaster denkmalgerecht saniert und einer ungewöhnlichen, aber gerade dadurch zukunftsfähigen Nutzung zugeführt worden. Der Bahnhof Hümme, jahrelang leerstehend und vom Verfall bedroht, ist wieder ein pulsierendes Zentrum des lokalen Lebens und damit ein Vorbild für andere Stationsgebäude, die ihre ursprüngliche Funktion weitgehend oder vollständig verloren haben.
Selbstdarstellung
Das denkmalgeschützte Bahnhofsgebäude in Hofgeismar-Hümme stand seit langem leer und drohte zu verfallen. Eine Arbeitsgruppe aus der interessierten Einwohnerschaft hat im Rahmen einer Machbarkeitsstudie intensiv alle Nutzungsmöglichkeiten diskutiert. Nach dem Vorbild der Mehrgenerationenhäuser des Bundesfamilienministeriums wurde ein Ort der Begegnung aller Generationen geplant. Ein offener Treff mit zahlreichen Angeboten für Betreuung, Beratung, Weiterbildung und Nachbarschaftshilfe als Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche, Erwachsene und Ältere sollte entstehen. Und auch das kulturelle Angebot des Ortes sollte hier ausgebaut werden.
Die Stadt Hofgeismar hat das Gebäude daraufhin von der Deutschen Bahn erworben. Für die Baukosten in Höhe von 700.000 Euro wurden Fördergelder beantragt und erhebliche Eigenleistungen der Bevölkerung eingeplant. Die evangelische Kirchengemeinde ist mit einer hohen Baukostenbeteiligung in das Projekt eingestiegen.
Anschließend wurde das Gebäude unter Einbeziehung von 4.000 Stunden Eigenleistung der Bevölkerung grundsaniert und den zukünftigen Nutzungen entsprechend umgebaut. Es bekam ein neues Dach, neue Fenster und Türen und die Fassade wurde saniert. Alle Umbaumaßnahmen wurden bis ins Detail mit der Denkmalpflege abgestimmt. Im Innenausbau wurde die komplette Technik erneuert und der historische Bahnhof wurde zu einem barrierefreien, multifunktional nutzbaren Veranstaltungsgebäude umgenutzt. Im Untergeschoss gibt es vier Veranstaltungsräume unterschiedlicher Größe und im Obergeschoss Vereinsräume und vermietbare Räume.
Nach zweieinhalbjähriger Bauzeit wurde aus dem denkmalgeschützten Bahnhof ein modernes Veranstaltungshaus. Für den Betrieb gründete sich der Verein „Generationenhaus Bahnhof Hümme“. Es wurde ein langfristiger Nutzungsvertrag zwischen Stadt und Verein geschlossen. Die Inneneinrichtung und die Ausstattung wurden zudem vom Verein finanziert.
Die laufenden Kosten werden aus dem Betrieb erwirtschaftet. Dafür haben alle Nutzer einen kleinen Beitrag für die Betriebskosten zu leisten. Und Nutzer sind inzwischen viele da, so dass täglich Programm im Haus ist und viele Veranstaltungen parallel laufen. Das Generationenhaus Bahnhof Hümme ist jetzt zentraler Treffpunkt, wo der Bedarf im sozialen und kulturellen Bereich in Hümme gedeckt wird. Durch die vielfältigen Angebote entstehen Betätigungsmöglichkeiten und soziale Kontakte zwischen Jung und Alt, was letztendlich auch der Gestaltung des demografischen Wandels in Hümme dient.
Für die Koordination und Entwicklung des Kinder- und Jugendprogramms wurde eigens ein Sozialarbeiter eingestellt, der geeignete Dozenten sucht, die regelmäßigen Veranstaltungen betreut und mit der Musikschule Hofgeismar und dem Naturpark Reinhardswald kooperiert. Das vielfältige Programm wird von jungen Leuten aus Hümme und der gesamten Region gerne angenommen.
Mit viel Engagement ist auch aus dem ehemaligen Waschhaus des Bahnhofs ein tolles lichtdurchflutetes 35 Quadratmeter großes Kunst-Atelier entstanden, welches durch einen Kunstpädagogen professionell betreut wird.
Mit der Eröffnung des Kunst-Ateliers wird der generationenübergreifende Ansatz in Hümme weiter ausgebaut und damit ist jetzt das ganze Ensemble bestehend aus dem Bahnhofsgebäude, dem ehemaligen Güterschuppen und jetzigem Kinder- und Jugendzentrum sowie dem ehemaligen Waschhaus und der umgebenden Freifläche mit historischem Pflaster denkmalgerecht saniert. Das Landesamt für Denkmalpflege Hessen hat den gesamten Komplex als Gesamtensemble unter Denkmalschutz gestellt.
Dank dieser Leistung engagierter Bürger wurden die drei bisher dem Verfall preisgegebenen, ja einsturzgefährdeten, historischen Bahnhofgebäude von 1897 in Hümme gerettet und einer sinnvollen zukunftsfähigen Nutzung als zentraler Treffpunkt für die gesamte Dorfgesellschaft zugeführt.