Die Silberne Halbkugel,
Gründungsmitglieder des Vereins zur Förderung der Dorfentwicklung Dingden e. V. © privat
Würdigung
Der Donut-Effekt ist bundesweit verbreitet – insbesondere in kleinen Ortschaften und Dörfern. Ortszentren veröden während die Einfamilienhausgebiete in den Rändern stark werden. Denkmalpflege und Baukultur haben es nicht leicht.
Vor mehr als 15 Jahren war es in Dingden auch so - Geschäfte wurden geschlossen und der Dorfkern blieb fortan unbelebt. Das denkmalgeschützte Dorflehrerhaus verfiel. Ein angrenzendes altes Wohnhaus stand seit Jahren leer. Das wollten Bürgerinnen und Bürger ändern: Sie luden Studierende und Lehrende der Fachhochschule Münster und der Alanus-Hochschule in Alfter ein, Nutzungs- und Gestaltungsideen für die leerstehenden historischen Gebäude zu erarbeiten.
Es brauchte viel Geduld und Engagement, bis tatsächlich gebaut wurde. Das Ergebnis kann sich sehen lassen – es wurden nicht nur das Lehrerhaus denkmalgerecht instandgesetzt und restauriert, sondern für seinen Nachbarn eine baukulturell anspruchsvolle Neunutzung geplant. Im Lehrerhaus können Besuchende historische Materialen, Konstruktionen und Oberflächengestaltungen verschiedener Zeitschichten erleben. Im Nachbarhaus wird vorgeführt, wie aus einem Bestandsbau durch gekonnte Interventionen Baukultur entsteht.
Dabei hat der Verein die Maßnahmen eigenständig initiiert, gesteuert und in bewundernswerter Weise Fördermittel in Millionenhöhe akquiriert. Die Mitglieder haben mit Eigenleistungen die Instandsetzungsarbeiten in erheblichem Maße unterstützt. Parallel etablierte sich eine moderne und transparente Öffentlichkeits- und Vermittlungsarbeit.
Inzwischen ist das Häuserpaar an der ortsbildprägenden Ecke ein dörflicher Gemeinschaftsort geworden, mit dem Zweck, sowohl ein außerschulischer Lernort für die Dorfgeschichte zu sein als auch ein Zentrum für eine regionale Baukultur. Die Idee dahinter war so überzeugend wie einfach: Warum fahren wir eigentlich immer weit weg, um Baukultur und Schönheit zu erleben und sind oftmals weniger sensibel für die Ortsgestaltung im eigenen Umfeld?
Jetzt hat Dingden eine „bauKULTURstelle als Zentrum für Begegnung, Kreativität und das Lernen rund um die Themen Baukultur und nachhaltige Entwicklung. Die in der Planungs- und Bauphase eingeübten Muster partizipativer Kreativität sollen künftig genutzt werden für regionale Vermittlung von Orts- und Baugeschichte, nachhaltiger Baukultur, historischer Kulturlandschaft, von handwerklichen Bauweisen. Das alles geschieht ohne rückwärtsgewandtes Romantisieren, sondern mit der Scharnierfunktion, historisch Bewährtes aktiv in die Zukunft zu tragen. Dazu werden gerade Vermittlungskonzepte erarbeitet.
Die „bauKULTURstelle“ ist auf dem Weg, ein besonderer dritter Ort im ländlichen Raum mit Strahlkraft weit über Dingden hinaus zu werden. Die mediale Aufmerksamkeit, die der Verein mit seinen Projekten und seiner Vermittlungsarbeit erreichte, die Vernetzung zu überregionalen Akteuren der Baukultur und Ortsentwicklung sind weitere Faktoren, die das Projekt zum Vorbild machen.
Selbstdarstellung
Fünf Dingdener Frauen beschlossen im Jahr 2006 einen Verein zu gründen, um das Leben in ihrem Ort lebens- und liebenswert zu erhalten und neu zu gestalten, damit Dingden auch für nachfolgende Generationen ein Ort ist, in dem gerne gelebt wird.
Durch viele vom Verein Dorfentwicklung initiierte Aktionen ist es gelungen, bei einem immer größer werdenden Kreis Dingdener das Bewusstsein für ihr eigenes Lebensumfeld zu stärken oder manchmal auch erst zu wecken.
Der Erfolg ist zum großen Teil darin begründet, dass sie Aktionen anbieten, die Spaß und Freude machen, alle Altersgruppen ansprechen, an verschiedenen Orten im Dorf stattfinden, zum Mitmachen einladen, „unterschwellig“ mit Baukultur zu tun haben und finanziell auch erfolgreich sind. Sie haben verschiedene Formate ins Leben gerufen – von Charity-Veranstaltungen wie „Dingden kocht über – Gäste kochen für Gäste“ über Heimatkunde im besten Sinne „Gassen, Gärten. geheime Winkel – Dingden entdecken!“ bis hin zur „Architektur Werkstatt“. Hier fand sich 2008 ein kompetentes Architektenteam, Studierende, Beschäftigte der Stadtverwaltung und viele Dingdener Bürgerinnen und Bürger zusammen und es entstand erstmalig die Idee, das leerstehende, denkmalgeschützte und vom Zerfall bedrohte Lehrerhaus im Ortskern zu schützen und zu nutzen – die „bauKULTURstelle“.
Eine Machbarkeitsstudie, Förderprogramme, viele Arbeitseinsätze, Geduld, Ausdauer, eine große Portion Glück und die Unterstützung vom Team „raumwerk.architekten“ später ist die „bauKULTURstelle“ dieser beeindruckend schöne Ort mitten im Ortskern Dingdens geworden.
Erfahren Sie mehr über die Dorfentwicklung unter: www.dorfentwicklung-dingden.de