Medienpreis,
Wibke Kämpfer © privat | Benjamin Vogel @ privat
Würdigung
Denkmalschutz erinnert, Denkmalschutz verbindet. Dieses Motto könnte die Fernsehreporterin Wibke Kämpfer und Fernsehreporter Benjamin Vogel und ihr Team vom Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) auf ihrer ganz besonderen Reportage geleitet haben.
Ganz besonders, weil sie sich auf einem historisch und politisch heiklen Gelände bewegen. Wibke Kämpfer und Benjamin Vogel sind nach Polen gereist, haben sich in Wroclav, dem ehemaligen Breslau, oder in Szczecin, dem früheren Stettin, umgetan, um auf Spuren zu stoßen, die in Polen lange Zeit kein Thema waren: die Spuren der Deutschen.
Erstaunlich, was das rbb-Team nun in seiner Reportage unter dem Titel „Polen auf deutschen Spuren – Verhasst, vergessen, wiederentdeckt“ herausfand: dass es eine junge Generation von Polinnen und Polen gibt, die sich für die Lebens- und Wohnspuren der Deutschen interessieren. Die Enkel und Urenkel der Menschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Osten umgesiedelt wurden und im Westen Polens ihre neue Heimat finden mussten, die wiederum bis 1945 mehrheitlich von Deutschen bewohnt war.
Nun ist in den letzten Jahren eine neue Graswurzel-Bewegung entstanden, die sich als Teil des großen mitteleuropäischen Kulturerbes betrachtet. Lebendig und nah bei den Protagonistinnen lässt die Reportage Menschen zu Wort kommen, wie die Restauratorin Luiza Kostanska, die sich zur Aufgabe gemacht hat, alte deutsche Schriftzüge in den Straßen Breslaus wieder zu entdecken und zu sichern. Die Architektin Carlotta Langa kaufte in einem Dorf östlich von Frankfurt/Oder einen ehemaligen Bahnhof mit deutschen Spuren und saniert ihn. Und wir verfolgen Carlotta auf ihren Wegen durch alte, verfallene Häuser in der Umgebung, in denen sie „deutsche Schätze“ findet, wie sie sagt, Möbel, Kacheln, Alltagsgegenstände. Monika Szymanik versucht, mit ihren Fotos in Stettin die Spuren der Vergangenheit festzuhalten. Andere kümmern sich um alte Friedhöfe, um die Gräber „ihrer“ Deutschen vor den Zerfall zu retten, sammeln historische Stadtansichten aus der deutschen Zeit oder Vintage-Mode aus der Vorkriegszeit.
Eindrücklich zeigt die hervorragende Reportage auf, dass vielen jungen Polinnen und Polen immer mehr bewusst wird, dass die Deutsche Vergangenheit auch zu ihrer Vergangenheit gehört. Die Influencerin Zuzanna Gonera sagt im Beitrag:
„Die früheren Einwohner der Stadt waren genauso wie wir auch Stettiner und das verbindet uns“. Eine verbindende und versöhnliche Botschaft sendet die Reportage nach Jahrzehnten des Schweigens und der Schmerzen. Dafür gebührt Wibke Kämpfer, Benjamin Vogel und ihrem Team der Medienpreis des Deutschen Preises für Denkmalschutz 2024.
Biografien
Wibke Kämpfer
Sie ist seit 30 Jahren Autorin und Regisseurin für verschiedenste Formate des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in den Dokumentarbereichen Soziales und Kultur. Am liebsten filmt sie mit Menschen und über Themen, die sonst selten gehört werden und (noch) zu wenig Beachtung finden. So hat sie bereits für das rbb ukrainische Flüchtlinge beim Ankommen in einer neuen Heimat begleitet und für ZDF „37 Grad“ Kinder als Young Carer in ihren Familien porträtiert. Auch die jungen Polen, die sich ehrenamtlich, mit erstaunlichem Geschichtsbewusstsein und mit viel Herzblut um deutsche Hinterlassenschaften in Polen kümmern, gehören zu dieser Gruppe.
Benjamin Vogel
Vom vielen Fernsehgucken in seiner Kindheit hat er zwar keine viereckigen Augen bekommen, dafür später aber einen spannenden Job. Gegen Ende seines Studiums ist er schließlich beim Fernsehen gelandet, wo er sich vor allem für die Lebensrealitäten unserer ostmitteleuropäischen Nachbarinnen und Nachbarn interessiert. Dazu zählen auch die jungen Polinnen und Polen, die die ehemals deutschen Wurzeln ihrer Heimatorte neu entdecken.
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